Ordensgewänder für buddhistische Mönche & Nonnen in Ostasien
Zur Form des Kāsāya, des Gewandes der Mönche und Nonnen
Der Sanskrit-Begriff Kāsāya ist eine Bezeichnung für die drei Gewandstücke, die in Pali Saņghāṭi, Uttarāsaņga und Antaravāsaka genannt werden. Die Kāsāyas werden über den Untergewändern getragen, die in den ostasiatischen Ländern meist im Kimonoschnitt gehalten sind. Nicht bei jeder Gelegenheit wird ein Kāsāya angelegt. Daher kommt es häufig vor, dass unkundige westliche Besucher von asiatisch buddhistischen Tempeln die Laienanhänger, die dort ebenfalls ein einheitliches, leichtes Gewandstück überziehen, z.B. in Grau, für buddhistische Ordinierte halten. Zumal auch in einigen ostasiatischen buddhistischen Traditionen Ordinierte graue Gewänder tragen, mag ein Unterscheiden nicht immer leicht sein. Ein weiteres Kennzeichen mag da hilfreich sein: buddhistische Ordinierte rasieren sich den Kopf.
Die Farben der Gewandteile spielen durchaus eine Rolle, wobei hier nicht auf alle Differenzierungen und deren Bedeutung eingegangen werden kann. Kāsāya (auch: Kasāya oder Kasāva) bezeichnet den Farbton, ein „Gelbbraun“, in dem die Gewänder entsprechend der Empfehlung des Buddha eingefärbt wurden. Inzwischen wird jedoch eine ganze Palette von Farben verwendet: vor allem von hellem Gelb und Orange über Gelbbraun bis zu Dunkelrot und Dunkelbraun. Ein Kāsāya ist querrechteckig gearbeitet und wird nach Art eines Mantelumhanges umgelegt und entweder festgezurrt, mit einer Schleife festgebunden oder durch einen Einhängeverschluss gehalten.
Die Kāsāyas sind die bedeutungsvollsten Gewandteile der Ordinierten. Es wird überliefert, der Buddha selbst habe sie eingeführt, nachdem er von König Bimbisāra darum gebeten wurde, zur leichteren Unterscheidung seiner Ordensangehörigen von anderen Asketen ein spezielles Gewand zu schaffen. Im Mahāvagga (VIII, 216), einem Buch des Vinaya-Piṭaka, heißt es, der Buddha habe Ᾱnanda auf ein „in Streifen angelegtes Reisfeld, mit Zugangswegen, Umrandungen und Kreuzungen“ hingewiesen und ihn gefragt, ob er für die Mönche eine derartige Robe anfertigen könne. Ᾱnanda bejahte dies. Verwendung fanden dabei zunächst brauchbare Stoffteile, die aus fortgeworfenen Stoffen herausgetrennt und so weiterverwendet wurden. Dies geschieht allerdings heute in der Regel nicht mehr.
Doch ist es, wie mir scheint, bezeichnend für das von Buddha erwünschte Erscheinungsbild der Ordinierten, dass die kleineren und größeren Stoffstücke, die miteinander vernäht werden, keineswegs willkürlich zusammengesetzt, sondern nach einem festgelegten Muster – eben inspiriert durch ein Reisfeld – zusammengefügt werden. Die Felderung der Kāsāyas setzt sich aus einer bestimmten Zahl von mehrteiligen Längsbahnen zusammen, die breitrandig miteinander verzahnt und durch den systematischen Wechsel der Feldgrößen auch in waagerechter Richtung stabilisiert sind. Ein umlaufender Rand festigt das Ganze zusätzlich. Dem zuverlässigen Zusammenhalt der Stücke (auch: Fetzen, Flicken, daher oft die Bezeichnung Flickengewand) dient seit alter Zeit auch der Punkt- oder Rückstich, mit dem ein Kāsāya genäht wird. Die traditionellen drei Kāsāyas unterscheiden sich durch die Anzahl der Längsbahnen: Sie haben drei, fünf, sieben oder mehr Bahnen. Zur Hohen Ordination zum Bhiksu oder zur Bhiksunī erhält man alle drei Gewänder. Je mehr Bahnen das Gewand hat, umso kleinteiliger wirkt es. In einigen Traditionen werden sie zu unterschiedlichen Zwecken getragen.
Das Fertigungsschema mit seiner klar strukturierten Felder-Ordnung wurde seit der Zeit des Buddha bis heute beibehalten. Allerdings haben sich einige Varianten bezüglich der Maßverhältnisse der Flicken, auch der Gesamtlänge im Verhältnis zur Körpergröße herausgebildet. Ferner wird in einigen Traditionen der äußere Rand der die Stoffstücke verbindenden breitrandigen Verzahnung nicht festgenäht (wie auch bei den Tibetern), so dass eine weniger ruhige Wirkung zustande kommt.
Heute wird das Gewand wohl eher selten per Hand, sondern häufig von Laienanhängern mit der Maschine angefertigt. Gleichwohl bleibt meines Erachtens das Nähen der für einen selbst bestimmten Kāsāyas eine bedeutsame Übung, auch eine wunderbare Vorbereitung auf die Ordination. Zu diesem Zweck muss man sich intensiv mit den Vorgaben der Fertigung befassen und einen hohen Grad an Präzision im Detail erlernen. Und angesichts der langwierigen Tätigkeit ist einige Mühe aufzubringen. Die Gleichförmigkeit des Nähens – Punkt für Punkt – ist jedoch dazu angetan, eine konzentrierte Hingabe an das Tun zu entwickeln.
Die Art des Zusammenfügens und die Einfärbung machen aus dem im weltlichen Sinne wertlosen Stück ein besonderes Gewand, das auf dem befreienden Weg getragen wird. Für diejenigen, die es tragen oder verehren, ist es ein Gewand jenseits der Kriterien der Welt und etwas Ausgezeichnetes, nicht zuletzt aufgrund des Umstandes, dass es seit der Zeit des Buddha über zweieinhalbtausend Jahre in lebendiger Tradition überliefert wurde. Die korrekte Übermittlung des Gewandes betrifft Form und Maße, Material und Farbe.
Zum Schluss sei noch eine schöne Tradition erwähnt, die in Ostasien überliefert wurde. Bevor ein Mönch oder eine Nonne das Gewand anlegt, legt er oder sie es gefaltet auf den Kopf und rezitiert folgenden Vers:
Erhabenes Gewand der Befreiung,
Robe der Formlosigkeit, Feld des Segens.
Ich trage das Gewand des Tathāgata
und rette alle Lebewesen in der Welt.
Kimonos und andere Gewänder
Ein Kasāya wird von den Ordinierten in Ostasien über einem aufwendiger gearbeiteten zeremoniellen Gewand im Kimono-Schnitt getragen, das neben dem verstärkten Kragen durch auffallend lang herabhängende Ärmel gekennzeichnet ist. Der bekannte japanische Begriff Kimono mag hier der Einfachheit halber eingesetzt werden, wenngleich es in den verschiedenen Ländern natürlich Begriffe in der jeweiligen Landessprache dafür gibt. Zu anderen Gelegenheiten wird ein Kimono mit verstärktem Kragen, doch mit gewöhnlicher Ärmelform getragen.
Das Farbspektrum dieser Gewänder reicht vom Schwarz, das z.B. in Taiwan bei zeremoniellen Gelegenheiten getragen wird, auch in Japan von den Ordinierten jener kleinen Schulen, die dem Vinaya verpflichtet sind, vor allem der Kegon-Tradition, über das Grau, das häufig in Korea zu sehen ist, bis zu verschiedenen Gelbbraun- und Dunkelbrauntönen. Ein helles Gelb und ein Rot können zu besonderen Anlässen für hochrangige Ordinierte in Gebrauch kommen.
Noch ein klärendes Wort zur Situation in Japan. Seit dem frühen 9. Jahrhundert hat es dort eine eigene Ordinationstradition gegeben. Hinzu kam seit dem späten 19. Jahrhundert das staatlich verfügte Verbot des Zölibats, so dass die großen Schulen des Reinen Landes und des Zen nicht den Vinaya zur Grundlage haben. Gleichwohl – und für Westler oft verwirrend – spricht man im Zen von Mönchen und Nonnen, aber auch von Priestern. Auch die komplette Robe wird getragen. Zen-Mönche bzw. Priester, die in Japan einen Tempel leiten, sind zumeist verheiratet. Daher sind sie an dieser Stelle kein Gegenstand der Betrachtung.
Die in Deutschland ansässigen Ordinierten aus dem südostasiatischen Vietnam zeigen ein Erscheinungsbild, das ebenfalls nicht in allen Details vorgestellt werden kann. Im Traditionsbereich, zu dem auch der Ehrw. Thich Nhat Hanh gehört, wird ein dunkelbrauner Kimono sowohl von den Mönchen als auch von Nonnen getragen. Anders halten es die mit der Pagode Vien Giac (Hannover) verbundenen Ordinierten. Hier wird zwischen Mönchen und Nonnen unterschieden. Im alltäglichen Gebrauch ist bei den Mönchen ein dunkelbrauner Kimono üblich, bei den Nonnen jedoch das traditionell vietnamesische Gewand, also kein Kimono, und zwar in Grau. Dieses ist vorn in der Mitte durch eine Reihe von Querverschlüssen mit Knotenknöpfen geschlossen. Da sich dieser Schnitt nicht dazu eignet, unter einem Kasāya getragen zu werden, wird bei zeremoniellen Anlässen darunter jenes einfache graue Gewand angezogen, das auch die Laienanhänger im Tempel tragen. Neuerdings sind jedoch diese grauen Gewänder auch mit lang herabfallenden Ärmeln, wie sie für Mönche typisch sind, in Gebrauch.
In allen diesen Ländern gibt es zusätzlich kürzere und zu Hosen getragene Arbeitsgewänder. Angesichts all dessen ist es gewiss für Besucher nicht einfach, aus der Kleidung die rechten Schlüsse zu ziehen. Daher sei abschließend auf die Fotos sowie nochmals auf den Umstand verwiesen, dass neben dem Gewand die Rasur des Kopfhaares die Situation klären kann.
Bhiksunī Dagmar Doko Waskönig