Geschichte & Symbolik der tibetisch-buddhistischen Roben für Ordinierte
Die Ausführung der nachfolgenden Zusammenfassung wurde vom Ehrw. Geshe Dawa, vormals Abt von Thekchen Choeling Kloster in Mc Leod Ganj, Dharamsala, in einem persönlichen Interview mit Ani Tenzin Desal im Jahre 2005 zur Verfügung gestellt. Ebenso wurden Informationen von Geshe Lhundrup Sopa aus dem Mandala Magazin 2000 hinzugefügt.
Der Tschögu (Skt. Uttarasangha, Bild 1) ist die gelbe Robe, welche von ordinierten Sangha-Mitgliedern angelegt wird.
Er wird auch manchmal als die Robe der Unterweisung bezeichnet, weil er bei Belehrungen getragen wird. Während des Sodschong, der alle zwei Wochen stattfindenden Bekenntniszeremonie, wird er auch von den Sangha-Mitgliedern getragen, welche noch nicht die volle Ordination erhalten haben.
Der Namdschar (Skt. Samgati, Bild 2) besteht aus noch viel mehr zusammengesetzten Stücken als der Tschögu und wird bei speziellen Einweihungen und Zeremonien von Voll-Ordinierten angelegt. In Tibet wurde er sogar aus Seide geschneidert.
Wenn eine Person keine untere Robe, Schamtab (Skt. Antarvarsa, Bild 3) oder keinen Tschögu besitzt, ist das ein Zeichen, dass sie nicht zu einer tibetisch-buddhistischen Tradition gehört. Diese beiden Robenteile sind in allen tibetischen Traditionen üblich. Es wird eine bestimmte Größe für diese Roben angegeben. Sie sind „zwei Arm lang“ in der Länge und „drei Arm lang“ in der Breite.
Buddha selbst hat diese Art der äußeren Robe eingeführt. Als Buddha von seinen Schülern gefragt wurde, wie der Tschögu angefertigt werden sollte, sagte er, dass er wie ein Magada-Feld, ein Flickenmuster, aussehen sollte. Am Anfang gab es noch keine Einfassung. Sein Schüler Ananda überreichte dem Buddha einen Tschögu und dieser sprach: „Er ist gut“.
Nach den Worten des vierzehnten Dalai Lama, bedeuten die Flicken und die einfache Qualität des Materials die Abwendung von weltlichem Reichtum. Denn wenn er aus einem Stück und aus guter Qualität angefertigt wird, könnte man ihn wieder verkaufen und dadurch wieder Besitz anhäufen.
Buddha sprach nicht über einen Unterschied der unteren Robe, oder Schamtab, bei den verschiedenen Graden des ordinierten Sangha. Trotzdem, nach der Kultur der tibetischen Mahayana-Tradition, kamen drei verschiedene Schamtabs in Umlauf. Diese Schamtabs wurden so hergestellt, dass man die drei verschiedenen Grade der Ordination unterscheiden konnte. Diejenigen, welche in die Hauslosigkeit gehen, und das Rabdschung-Gelübde genommen haben, tragen einfache Schamtabs. Diejenigen, welche das Novizen-Gelübde genommen haben, Getsul (Skt. Shramanera) und Getsulma (Skt. Shramanerika), können Schamtabs mit zwei hinzugefügten Seitenstreifen (oben und unten) tragen. Doch viele der Novizen tragen weiterhin den einfachen Schamtab.
Der Bhikshu- und Bhikshuni-Sangha trägt einen Schamtab, welcher in einer bestimmten Anordnung von mehreren Stoffbahnen im rechten Winkel angeordnet sind. Nicht jeder der Ordinierten faltet die untere Robe. Wie auch immer, die Falten in der Gelug-Tradition, eine der vier tibetisch-buddhistischen Traditionen, haben eine spezielle Bedeutung und diese sollte man immer im Gedächtnis behalten, wann immer man diese Robe anlegt. Die Falte auf der rechten Seite, welche mit der Öffnung nach hinten gelegt wird, bedeutet, dass die Nonne oder der Mönch das Interesse am weltlichen Leben hinter sich gelassen hat und ebenso auch alle negative Handlungen. Die zwei nach vorne geöffneten Falten links sind ein Symbol für das Beschreiten des buddhistischen Pfades und der positiven Handlungen. Dazu kommt auf der rechten Seite noch eine nach vorne geöffnete Falte. Diese drei Falten kennzeichnen die drei Prinzipien des Pfades und/oder Zuflucht in Buddha, Dharma und Sangha. Die vier Falten nehmen Bezug zu den vier edlen Wahrheiten. Nebenbei bemerkt, ist es mit diesen Falten einfacher, sich zu setzen.
Der Stoff des Dhönka (Bild 4) ist rotbraun oder rotbraun und gelb. Traditionsgemäß tragen bei den Gelugpas nur Gesches einen rot/gelben Dhönka. Jedoch wurde der westliche Sangha von Lama Yeshe ermutigt, den zweifarbigen Dhönka zu tragen. Das International Mahayana Institute (IMI) empfiehlt dies in seiner Literatur. In der Geschichte nimmt das Dhönka einen großen Wert ein. Es bestand nicht zur Zeit des Buddha. Die indischen Mönche trugen das Dhönka nicht, sondern hatten den Stil des Theravada. Im 14. Jahrhundert, in der Zeit von Tsongkapa, hat man angefangen es zu tragen, weil es in Tibet sehr kalt war. Eine Variante sagt, dass das Dhönka nach dem Muster einer Elefantenhaut gemacht wurde. Verschiedene Teile repräsentieren die Ohren, Mund und Zähne eines Elefanten. Unter beiden Armen nach hinten sieht der Schnitt wie zwei Fangzähne eines Elefanten aus (Bild 5). Das verkörpert den Herrn des Todes. Wir werden immer an die Unbeständigkeit des Lebens erinnert. Der Tod kann uns jeder Zeit einholen. Die zwei Schulterteile repräsentieren die Löwenmähne (Bild 6). Der Löwe ist der König der Raubtiere und hat keine Angst vor anderen Wesen. Er ist immer entspannt und friedlich. Das gleiche wird gesagt von denjenigen, die dem Vinaya folgen; sie brauchen keine Angst mehr vor der bedingten Wiedergeburt haben, denn sie sind auf dem Pfad der Befreiung.
Das Dingwa, ein Sitztuch, (Bild 7) wurde aus Wolle angefertigt und für die Meditation benutzt. Es wird benutzt, um den Boden zu schützen. Ebenso hält es den Schmutz von der Robe ab. Die derzeitige Größe war ein Quadrat von 4½ Armlänge. Aber weil es immer mit sich geführt werden muss, hat man die Größe reduziert. Der Spalt in der Mitte, bei einem aufgenähten Stoffstreifen, sollte immer nach vorne zeigen, um die Segnungen zu erhalten. Gewöhnlich wird das Dingwa bei Besuchen benutzt. Wenn man etwas verschüttet, so geht es zuerst auf das Dingwa und nicht auf den Teppich oder die Möbel eines Gastgebers.
Alle Stoffe müssen geschnitten werden. Alte Stoffstücke müssen auf neue angebracht werden. Beim Dingwa zum Beispiel, um Anhaftung an neuen Stoff zu vermeiden. Roben werden aus Stücken genäht, welches die Armut bezeugt. Die Schrift besagt, dass die Farbe der Roben umgesetzt werden sollte. So ist rot und gelb für Nonnen und Mönche erlaubt. Schwarz und weiß nicht. Meister Shakya sagte, man sollte nur eine Farbe tragen, höchstens zwei, also rot und gelb. Aber Meister Yendun sagte, wenn der Sangha völlig rot oder gelb tragen würde, wäre dies in Ordnung. Also Mönche könnten auch ein gelbes Tschögu tragen. Es wäre kein Unterschied.
Der blaue Zierstreifen an den Ärmeln des Dhönkas (Bild 8) ist in den Schriften nicht erwähnt. Es kam durch folgende Geschichte auf¹: Die Bhikshu-Ordination wäre im 9. Jahrhundert fast ausgestorben. König Lang Dharma ermordete seinen jüngeren Bruder, welcher vorher König war und den Buddhismus förderte. Lang Dharma versuchte den Buddhismus während seiner Amtszeit als König auszulöschen und er hatte fast Erfolg damit.
Entsprechend Buddhas Regeln der Disziplin im Vinaya, sind 5 Mönche nötig, um jemandem die (volle) Ordination zu geben. Aber nur drei voll-ordinierte Mönche flüchteten nach Amdo, Nordost-Tibet. Meister Rabsel hat die Linie wiederbelebt, indem er zwei chinesische Mönche eingeladen hatte, welche voll-ordiniert waren. Zu dieser Zeit trugen die chinesischen Mönche immer blaue Verzierungen. Um den chinesischen Mönchen ihre Dankbarkeit auszudrücken, fügten die tibetischen Mönche die blauen Kordeln am Dhönka hinzu. Dann blühte der Bhikshu-Sangha wieder auf. Die blaue Farbe ist wie die des Himmels; so sollte auch unser Herz sein und wir haben Erfolg auf unserem Weg.
Die doppelten Eckklappen auf Dingwa und Tschögu sind wie die Ohren eines Tieres. Dies bedeutet, dass der Benutzer den Leiden und Problemen anderer zuhören sollte.
Der Hut (Bild 9) wird bei speziellen Zeremonien getragen. Der untere Teil ist gelb und hat hinten einen Griff mit zwei Griffen. Innen ist er weiß, ein Symbol für Chenresig, deb Buddha des Mitgefühls. Der Griff innen ist blau und symbolisiert Vajrapani, den Buddha der Kraft. Der Griff außen ist rötlich orange und symbolisiert Manjushri, den Buddha der Weisheit. Die vielen Fäden, die senkrecht nach oben stehen repräsentieren die tausend Buddhas dieses Zeitalters auf dem Kopf des Trägers. Die gelbe Farbe zeigt die Reinheit der Unterweisungen, ähnlich wie man von Gold behauptet, dass es rein und frei von Makel ist.
Übersetzt ins Deutsche, mit freundlicher Genehmigung von Ani Tenzin Desal,
von Bhikshuni Jampa Sangmo, 2011.
Fußnoten
¹ siehe auch: »Das Wiederbeleben der Linie der Mönchsordinationen im Tibet des 10. Jahrhunderts«, Alexander Berzin, 1991
Nachwort
Die Robe wird hier am Beispiel der in der Gelug Schule gebräuchlichen Zusammenstellung vorgestellt. Sie kann sich in Einzelheiten in den anderen Schulen unterscheiden.